Eine kritische Betrachtung

Keine Zerstörung der charakteristischen Struktur der Waldstadt

Wer entlang den Stichstraßen wohnt, weiß, WIE beschränkt die Parkmöglichkeiten bisher schon sind – sogar entlang der doppelt geführten Kolberger Straße, die die städtischen Planer typischer Weise „überdimensioniert“ nennen.

Jede Form des Neubaus muss daher so viel Parkraum schaffen, wie moderne Familien mit mehreren Berufstätigen (mit Autos) brauchen, d.h.. in der Regel Tiefgaragen oder Parkhäuser.

Parkhäuser erzielen eine geringere Rendite, vermutlich deshalb möchten die Besitzer der Garagenflächen neuen Wohnraum durch Nachverdichtung schaffen, statt die Parkplatzflächen auszubauen.

Tiefgaragen gehen ins Grundwasser und senken in Folge der Baumaßnahmen den Grundwasserspiegel weiter ab; das kann man aber in einer Waldstadt nicht wirklich wollen, denn Bäume, Sträucher und Pflanzen brauchen Wasser – mit dem Klimawandel im Blick werden sie VIEL Wasser brauchen, um grün bleiben zu können.

Angesichts des schockierenden Rückgangs an Blühwiesen, Insekten -insbesondere Bienen- und Singvögeln, welche Insekten  und kleine Beutetiere brauchen, um ihre Jungen großzuziehen, sollte eine Stadt froh sein, solche Stadtteile wie die alte Waldstadt zu haben. Praktisch verbietet sich ein weiterer Rückbau der Naturräume, die wir noch haben.

Beispiel: um die geplante Abrissfläche der Garagenhöfe der Kolberger Str. 3 – 5 herum ist ein Streifen von etwa 7 m Tiefe markiert, von dem der Bewuchs entfernt werden soll. Warum bleibt der Bewuchs nicht und das Bauprojekt fällt rundum um 7 m schmaler aus? Das Bauvolumen ist geringer, es werden weniger Parkplätze gebraucht, die Nachverdichtung kommt ins Lot.

Im September 2012 war Rachel Carsons Weltbestseller „Silent Spring“ 50 Jahre alt. Der stumme Frühling fasst die Bedrohung in einprägsame Worte, worauf wir uns, ohne viel zu denken, einlassen: wir brechen die Kette des Lebens (der Bestäubung und der Fortpflanzung) in unserem Teil der Welt und gefährden dadurch endlich unsere Ernährung.

https://www.sueddeutsche.de/wissen/jahre-stummer-fruehling-wie-oeko-anfing-1.1480140

Wenn man im Westen, also auf der Theodor-Heuß-Allee, an der Waldstadt entlang fährt, ist auffällig, dass die Bebauung flach gehalten ist, ein- oder zweigeschossig. Erst in der Verschwenkung der Stichstraßen nimmt die Höhe der Wohnblocks zu und wird maximal 5-stöckig. Von diesem Gestaltungsprinzip ausgenommen sind lediglich die Hochhäuser, die gegen den Willen des Baumeisters Selg vom damaligen OB Klotz durchgesetzt worden sind.

Schaut man auf den Gesamtplan des Areals der alten Waldstadt, sind im Süden entlang der Breslauer Straße sowie im Norden entlang der Elbinger Straße niedere Bauhöhen vorgesehen. Daraus ergibt sich eine „sanfte“ städtebauliche Silhouette UND eine gute Zirkulation, möglichst ungehinderte Versorgung mit Luftzufuhr aus den Waldgebieten im Westen. Wer erleben möchte, wie diese Strömung gebrochen wird, stelle sich an einem windigen Tag im Osten neben eines der Hochhäuser! Und jeder Waldstadtbewohner weiß auch um die Wirkung des Naturraums, ist es doch immer 2 bis 3 Grad kühler in der Waldstadt im Vergleich zu anderen Teilen der Stadt.

Daraus folgt, dass Neubauten und Aufstockungen auf diese Prinzipien des Gesamtgestaltungsplans eingehen sollten.

Vor allem wegen der durch die Zunahme der Motorisierung verursachten mangelnden Parkflächen müssen Lösungen gefunden werden.

Damit verbunden sollten wegen des nicht abreißenden Verkehrs auf der Theodor-Heuß-Allee zu Zeiten des Berufsverkehrs andere Lösungen gebaut werden, um es Fahrzeugen zu ermöglichen sich gefahrlos in den Verkehr einzuordnen (Kreisverkehre oder an den Verkehrsfluss angepasste Ampelschaltungen) Warum wird z.B. kein Kreisel an der L 605 Richtung Eggenstein gebaut?

Was soll gebaut werden, um dem Leben in der Waldstadt mehr Qualität zu geben? Altersgerechte Wohnungen mit barrierefreiem Zugang? Wohnungen mit Platz für junge Familien? Tagesaufenthaltsstätten, die den pflegenden Familienmitgliedern die Pflege erleichtern oder erst ermöglichen? Eine Ambulanz spezialisiert auf die Bedürfnisse älterer Mitbürger? Gästehäuser im Zusammenhang mit studentischem Wohnen, so dass für die Studierenden auch Verdienstmöglichkeiten im Gastgewerbe entstehen?

Möchte Karlsruhe endlich richtig fortschrittlich und klimafreundlich werden und pro Stichstraße eine Elektrotankstelle mit begleitender Gastronomie errichten – ein echtes Pilotprojekt, das ernst machen würde mit der vielerorts propagierten Trendwende zur Elektromobilität?

Und jetzt noch einige praktische Erwägungen: Können Sie sich auf Jahre hinaus die zusätzliche Verkehrsbelastung durch Baustellen und Fahrzeuge sowie die Probleme für den ruhenden Verkehr vorstellen? Muss die sich seit Jahren verschleppende Baustellenhölle Karlsruhe sich in die friedlich ruhende Waldstadt ausbreiten?

WENN es richtig ist, was IHK und Stadtverwaltung für die Strategie der Nachverdichtung vorbringen, die erwartete hohe Zahl des Zuzugs mit entsprechenden Wohnraumbedarf, dann sollte auch mutig darüber nachgedacht werden – wie nach den Kriegsjahren und den Umsiedelungen der deutschen Bevölkerung, wie nach dem Umzug der Russlanddeutschen, wie nach dem Zuzug der Menschen aus den „neuen Ländern“ – Stadtteile für den erwarteten Zuzug NEU zu bauen – (um Neureut ist Platz) – der Glücksfall, dass die Amerikaner aus den Kasernen ausgezogen sind und hier nachverdichtet und neu gestaltet werden konnte, ohne die Mitbewohner zu stören, wiederholt sich leider nicht.

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