Stellungnahme nach zwei Gesprächen am „Runden Tisch“ zum vorhabenbezogenen Erschließungs- und Bebauungsplan Kolberger Str. 3-5



Sehr geehrte, liebe Freunde
der Bürgerinitiative gegen unverhältnismäßige Nachverdichtung in der Waldstadt.

In der längeren Pause, in der Ruhe herrschte in der Waldstadt – abgesehen vom großzügigen Einschlag in den Baumbestand – haben das Stadtplanungsamt, das beauftragte Architekturbüro und der Investor weiter gearbeitet an der Konkretisierung des Entwurfs für die zukünftige Baustelle „Kolberger Straße 3 – 5“. Die Ergebnisse unserer zwei Gespräche am „Runden Tisch“ sollten in die Überarbeitung der Planung einfließen – und das ist vordergründig durchaus geschehen, nur eben nicht so, wie die berechtigten Wünsche der Bürgerinitiative es hätten erwarten lassen.

Das Punkthaus ist nun weiter von den Einfamilienhäusern der Friedlander Straße entfernt worden.
Es sind 100 Parkplätze in einer Tiefgarage vorgesehen. Es soll kein Nahversorger einziehen, sondern ein (weiterer) Kindergarten, über dem studentische Wohnräume gebaut werden. Dieses Gebäude ist am flachsten mit 3 Geschossen + Sattelgeschoss. Es wird errichtet an Stelle der ehemaligen Tankstelle. Im Punkthaus in der Nähe der anderen hohen Gebäude entlang der Kolberger Straße entstehen 28 Seniorenwohnungen über einer dazu passenden sozialen Einrichtung. Auf dem übrigen Gelände der früheren Garagen wird es zwei Häuser mit je 23 Wohnungen geben, vierstöckig mit aufgesetztem Sattelgeschoss. Gerade einmal 20% des entstehenden Wohnraums sind für sozial geförderte Wohnungen reserviert. Oberirdisch sind keine weiteren Parkplätze mehr erkennbar, so dass um die neu zu erbauenden Häuser ein „befriedetes“ Areal entstehen soll, das sich zur Kolberger Straße hin zu einem „Quartiersplatz“ entwickeln könnte.

Was stört die Kritiker des revidierten Bebauungsplans immer noch?

Um Bäume im Norden erhalten zu können, rückte das Areal nach Südwesten an die Einfamilienhäuser heran – die Bäume in diesem Bereich sind bereits äußerst großzügig wegen „Trockenheitsschäden“ entfernt worden.
Die geplante Kindergarten Außenfläche grenzt direkt an zwei private Grundstücke, ganz im Unterschied zu bestehenden Kindergärten in der Nachbarschaft, die an Wald oder Gehwege grenzen. Versteht die Stadt DAS unter maßvoller Nachverdichtung?

Bei den Gesprächen am Runden Tisch hat sich gezeigt, abgesehen von den von der Stadt geforderten 20% sozial geförderten Wohnungen sind nur Eigentumswohnungen vorgesehen. (Von den studentischen Wohnungen und wie sie behandelt werden, war am Runden Tisch nicht die Rede – z.B. in wessen Verwaltung sie stehen sollen.)
Die Vertreter der Bürgerinitiative und des Bürgervereins haben zwei Erwartungen formuliert: die Wohnungen, die entstehen, zumindest eine Anzahl davon, sollen bezahlbar sein für normale Mittelschichtsangehörige. Das hat nichts zu tun mit sozial gefördertem Wohnraum. Geht aber nur, wenn der Boden- und Erschließungspreis nicht so hoch ist, dass der Investor sich durch hochpreisige Angebote refinanzieren oder aber eine besonders große Zahl von Wohnungen verkaufen muss, um seine Rendite zu sichern.

Bürgerinitiative und Bürgerverein finden hier einen weiteren Kritikpunkt. In den Gesprächen am Runden Tisch hat sich der Investor durchaus vorstellen können, er könne weniger Geschosse erstellen – wie gefordert – und man könne auch über bezahlbaren Wohnraum reden. Der aktuelle Plan sieht aber nahezu dasselbe Volumen vor wie die ursprüngliche Planung, obwohl KEIN Platz für einen Supermarkt vorgesehen werden muss.

Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, die Stadt, in deren Besitz die Tankstelle sich befindet oder befand, beteiligt sich durchaus an der heute üblichen Bodenspekulation und möchte ein wirklich minderwertiges Grundstück („mindergenutzt“ und wahrscheinlich belastet) zu einem möglichst hohen Preis veräußern oder hat es schon getan, was den Investor dazu zwingt, seine Rendite durch den Verkauf vieler Wohnungen zu sichern. Es ist vom Dreifachen des aktuellen Quadratmeterpreises für Baugrund in der Waldstadt die Rede.

Das wollten aber Bürgerinitiative und Bürgerverein von vornherein nicht: Es ging immer um MASSVOLLE Nachverdichtung. Niemand hier will ein überdimensioniertes Bauprojekt, bei dem die Stadt austestet, wie weit sie gehen kann bei folgenden Baumaßnahmen. Und heute geht es mehr denn je auch darum, Grundstücks-, Bau- und Mietkosten so einzugrenzen, dass für normale Bürger bezahlbare Wohnräume entstehen. Die Stadt als Eigentümerin von Kommunalbesitz steht in der Pflicht und ein OB, der sich der SPD verpflichtet fühlt, umso mehr.

Wir verweisen auf das schmale Buch aus dem Herder Verlag von Hans-Jochen Vogel: Mehr Gerechtigkeit! Wir brauchen eine neue Bodenordnung – nur dann wird auch Wohnen wieder bezahlbar, Freiburg 2019, 80 S.

Das Architekturbüro und das Stadtplanungsamt haben die Wünsche aus der Bevölkerung, wie verabredet, formal erfüllt. Leider nicht in den genannten kritischen Punkten:

1) Kindergartenfreigelände direkt hinter zwei Privatgrundstücken?

Muss man etwa keine Parkplätze für den Bring- und Holservice der Eltern ausweisen, an möglichst gefahrloser Stelle?

2) Ein offensichtliches Problem bei der Preisgestaltung für die Tankstelle in kommunaler Hand die es schwer macht, zu bezahlbarem Wohnraum zu kommen – es MUSS ein sozialer Mehrwert entstehen durch neue Baumaßnahmen, war ausgemacht (nicht müsste… nicht könnte… vielleicht… unter besonderen Bedingungen…): Da gilt es nachzuverhandeln.

Der Ball liegt bei der Stadt, denken wir.

– Hans Diefenbach –

Tiefgarage

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