Grundlage für den Bebauungsplan Königsberger Straße

Eine Betrachtung der vorläufigen Planung aus Sicht der Bürgerinitiative gegen unverhältnismäßige Nachverdichtung

Von der Stadt wird der nächste Schritt zur Umsetzung des Rahmenplans Waldstadt-Waldlage angegangen. Mit dem Ziel, durch Nachverdichtung neuen, höherwertigen, aber vor allem mehr Wohnraum schaffen zu wollen, wird ein zeitgemäßer Bebauungsplan für die Königsberger Straße erarbeitet. Nach dem Lippenbekenntnis der Verwaltung sollen die Bürger dabei beteiligt werden.

Planung des Stadtplanungsamts:

gelb: Bestand, blau: Abriss und Neubau, orange: Neubau

1. Wohnbebauung Nord


Die 5 bestehenden 3-stöckigen Gebäude mit je 12 Wohneinheiten sollen abgerissen und durch neue, höhere Gebäude ersetzt werden, da eine Aufstockung wegen der bestehenden Bausubstanz nicht möglich ist. Die neuen Gebäude sollen zur Straße hin 7-stöckig und im hinteren Bereich abgesetzt 5-stöckig ausgeführt werden. Plätze vor dem Gebäude und noch nicht näher definierte Angebote im Erdgeschoss sollen soziale Treffpunkte schaffen.
Die Stadt versucht den Eindruck zu erwecken, diese Planung sei in Abstimmung mit dem Bürgerverein Waldstadt und den Anwohnern entstanden. Dem entgegen wurde die Planung nach der angeblichen Abstimmung mit dem Bürgerverein von 5-stöckiger Bebauung auf 7 Stockwerke -im wahrsten Sinne- aufgestockt („Warum nicht in die Höhe nachverdichten?“ BM Fluhrer). Für den Bürgerverein waren 5-stöckige Gebäude schon immer das Höchstmaß der Neubaupläne: Nicht höher bauen als Baumgipfelhöhe in ca. 15 Meter Höhe. Die Bürgerinitiative schließt sich der Meinung des Bürgervereins an: Wir wollen Neubauten im Wald – auf Bauteile über dem Wald verzichten wir gerne.

Die Neubauten weisen im hinteren Bereich eine ähnliche Grundfläche wie die Bestandbauten auf. Da erscheint eine Erhöhung von 3 auf 5 Stockwerke akzeptabel. Darüberhinausgehende Bauhöhen entsprechen nicht dem Konzept der Stadt im Wald, sie sind übermäßig mächtig und daher nicht verhältnismäßig, auch deswegen, weil die Anwohner gar nicht gefragt werden, was sie brauchen und was sie nicht brauchen.
Drei der 5 Neubauten sollen platzähnliche Flächen zur Straße hin und zudem breitere Häuserfronten erhalten. Der Abstand von der Straße zu den Gebäuden wird verringert um Parkplätze quer zur Fahrbahn zu ermöglichen. Es entsteht eine neue Häuserfront entlang der Straße. Bei 7 Stockwerken in den Kopfbauten wäre das Straßenbild von Hochhausfronten geprägt, was eindeutig nicht dem Charakter der Waldstadt entspricht.
Durch den Rück- und Neubau von 5 Gebäuden fallen insgesamt ca. 8 öffentliche Stellplätze weg. Tiefgaragenparkplätze müssen teuer bezahlt werden. Rechnet man die Umwandlung der benötigten Stellplätze für die bestehenden 12 Wohnungen pro Gebäude in private Tiefgaragenstellplätze ab, so ergibt sich eine Summe von 52 weniger verfügbaren öffentlichen Stellplätzen.
Den Vorteilen von zeitgemäßen und altersgerechten Neubauten stehen auch Nachteile gegenüber: Zeitgemäßes Bauen bedeutet geringe Wohnfläche, der Tiefgaragenstellplatz ist wohl mit der Wohnung verbunden und muss mitgemietet, das heißt bezahlt werden (TG Stellplatz ca. 60€/Monat). Altersgerecht ist in erster Linie ein Personenlift im Gebäude dessen Unterhalt von den Mietern zu bezahlen ist (ca. 800-1500€ jährlich).
Die Bewohner werden für die Bauphase (ca. 2 Jahre) übergangsweise in Ersatzwohnungen im Stadtgebiet verteilt werden. Ob die ehemaligen Bewohner im Anschluss in die Neubauten einziehen können hängt dann von der finanziellen Situation des Einzelnen ab: Die Mieten werden deutlich steigen.
Hier wird auf Kosten der dort wohnenden Personen günstiger Wohnraum durch teuren ersetzt. Die Stadt darf hier nicht einfach an den Bewohnern vorbei planen und sollte unserer Auffassung nach die dort lebenden Personen einbeziehen.
Zum Beispiel ist die Frage, ob „soziale Angebote bzw. Treffpunkte“ im Erdgeschoss benötigt werden? Die wenigen Geschäftsräume an der Kurve haben jetzt schon Probleme Mieter zu finden. Derzeit (Juni 2020) stehen drei Ladengeschäfte leer. Vielfache Versuche, in der Kurve eine Gastronomie zu betreiben, sind in der Vergangenheit stets gescheitert, da die Angebote von den Bewohnern nicht angenommen wurden. Jetzt werden dort Monteursquartiere betrieben. In der Königsberger Straße besteht offensichtlich ein Überangebot an Geschäftsräumen. Die vorgeschlagene Nutzung als „Probenraum“ ist zumindest für Musikproben in einer Wohnumgebung nicht geeignet.
Für die Waldstadtbewohner entlang der Königsberger Straße sehen wir durch den Neubau keinen Mehrwert.

2. Hochpunkt im Osten am Waldstadt-„Boulevard“

2.1 Rückbau des Kreisels und Gebäudeneubau

Durch einen Rückbau des Kreisels werden ca. 20 Stellplätze abgeschafft. Ca. 600 m² Waldfläche und Naturlebensraum in der Mitte des Kreisels werden zerstört und durch kümmerliche Rasenflächen ersetzt.
Schon eine Errichtung von 5 oder 7-stöckigen Gebäuden belastet die Bewohner des östlichsten Bestandsgebäudes.
Zu beachten ist zusätzlich, dass dieses Bestandsgebäude ca. 7 Meter südlicher steht und somit auch diese Länge mehr Überschneidung mit dem Neubau aufweisen wird als die 5 westlich gelegenen Wohnhäuser.
Vom Balkon und Garten aus kann in Zukunft den neuen Bewohnern aus ca. 11 Metern Abstand zugewunken werden. Die Balkone und Gärten wären von den neuen Wohnungen direkt einsehbar. Warum auf den Plänen gerade dieser Neubau viel näher an die Balkone der Bestandswohnungen heran gerückt wird, bleibt rätselhaft, aber offensichtlich wurde nicht an die dort wohnenden Menschen gedacht. Anstatt der sonst ca. 18 Meter sind es nach den gegenwärtigen Plänen hier nur ca. 11 Meter:

Neubauten im Gartenbereich der Bewohner ist unserer Ansicht nach nicht verhältnismäßig. Der angrenzende Gartenbereich scheint in privatem Besitz zu sein, und es ist nicht wahrscheinlich, dass die Eigentümer ein Interesse an einem Neubau in ihrem Gartenbereich haben werden. Aber auch ein voluminöses Gebäude auf der Fläche des Kreisels verändert die Lebensqualität der dort lebenden Personen zum Nachteil. Die Durchlüftung wird behindert – anstatt durch Bäume soll der Freiraum durch ein großstädtisches Gebäude begrenzt werden.

2.2 Ein 12-geschossiges Hochhaus als Endpunkt

Es gibt keinerlei bestehende Höhenlinie, die den Bau eines so gewaltigen Gebäudes rechtfertigen würde. Über 1000 m² Wald müsste weichen und ca. 10 Stellplätze gingen verloren. Durch Bau eines Platzes (wie gezeichnet) auf der gegenüberliegenden Straßenseite nochmals 10 Stellplätze. Die Beeinträchtigung der umliegenden Wohnungen wäre bei einem 3- bis 5- stöckigen Gebäude akzeptabel. Ein Hochhaus an dieser Stelle jedoch würde den Charakter der Waldstadt in einem nicht hinzunehmenden Maße verändern.

3. Wohnbebauung Süd


Ein Verweis auf die Kolberger Straße im Planungsantrag („Hofbildung“) soll andeuten, dass man in der Kolberger schon solche vorfindet. Die Kolberger Straße ist ein Boulevard mit Parkbuchten in der Mitte und dichtem Baumbestand. Die mit Abstand errichteten 9-stöckigen Gebäude an der Straße sind von den Stirnseiten der Zeilenbauten durch mindestens 15 Meter Baumbestand getrennt und stören deshalb nicht:

Die „Punktgebäude“ in der Königsberger Straße sollen jedoch zwischen den Zeilenbauten errichtet werden, was die Bewohner direkt beeinträchtigt. Eine Durchlüftung wird behindert. Die Schallreflexionen durch das Schließen der offenen Lücke wären enorm. Die dort lebenden Personen sollen Gebäude direkt vor die Nase gesetzt bekommen. Statt Natur plötzlich ein Neubau vor der Terrasse und Balkon.
Trotz vorgegebenem Bestandserhalts war der Zeichner der Pläne sehr „kreativ“. Durch Wunschdenken oder Irrtum getrieben werden auf dem Plan die Neubauten zwischen Gebäudezeilen gezeigt, die sich zugewandte Gebäudeeingänge haben. Die Terrassen und Balkone befänden sich auf den Rückseiten, nicht zum Neubau hingerichtet. Somit würden nach dem Plan sich jeweils abwechselnd die „grünen“ Bereiche mit Terrassen und Balkonen, und auf den Bereichen mit dem Neubau nur Gebäudeeingänge gegenüberstehen.

Dies ist jedoch nicht der Fall. Alle Bestandsgebäude haben ihre Freisitze Richtung Osten und die Hauseingänge Richtung Westen:

Wer davon spricht, dass „Aktionsflächen“ zwischen den Gebäuden den Freiraum aufwerten, hat sich noch nie auf einem der Balkone aufgehalten. Jeder Laut wird an den Häuserfronten reflektiert und verstärkt sich somit auf ein unerträgliches Maß. Jedes leise Geräusch vor dem Haus wirkt durch Reflexion an den Betondecken der Loggien so, als wäre die Geräuschquelle nur 1 Meter entfernt.
Durch Schaffung von Spielflächen wären die Freisitze nicht mehr nutzbar. Das ist nicht verhältnismäßig.
Gibt es doch neben den Bestandsgebäuden ein ca. 15.000 m² großes Waldstück auf dem jetzt schon Spielplätze und Aufenthaltsmöglichkeiten existieren. Es ist nicht einzusehen, warum zwischen den Zeilenbauten Sport-, Spiel- und Feierplätze eingerichtet werden sollen:

4. Wohnbebauung West und Garagenhof

Der Garagenhof ist in privater Hand und der Eigentümer hat derzeit kein Interesse an einer Umgestaltung.
Die Ladengeschäfte sind entgegen dem ersten Planungsentwurf nicht mit in das Konzept einbezogen. Diese befinden sich in privatem Besitz und seitens der Stadt gab es seit 2018 keine Bestrebungen mehr die Ladenbesitzer mit ins Boot zu holen.
Grundlage für die Feinplanung ist der Entwurf des Landschaftsarchitekturbüros schneider+schumacher aus Frankfurt, das als Sieges des Planungswettbewerbs hervorging: https://waldstadt-ka.de/planungswettbewerb-koenigsberger-strasse-2-a-d-ist-entschieden

5. Öffentliche Stellplätze in der Königsberger Straße


Wie oben geschätzt fallen durch die Maßnahmen ca. 48 öffentliche Stellplätze weg. Durch Rück- und Neubau der 5 Gebäude mit einem Tiefgaragenstellplatz pro Wohneinheit werden ca. 52 öffentliche Stellplätze weniger benötigt.
Abfahrten zu den Tiefgaragen unter den neuen Gebäuden sind auf den vorläufigen Plänen nicht zu erkennen und es ist anzunehmen, dass dadurch weitere öffentliche Stellplätze wegfallen werden.
Insgesamt bleibt die Anzahl der öffentlichen Stellplätze für die Bestandswohnungen in etwa identisch.
Bei 305 öffentlichen Stellplätze und 840 Wohneinheiten gibt es derzeit 0,35 Stellplätze pro Wohneinheit. Die 500 neu errichteten Wohnungen werden mit einen Stellplatzschlüssel von 1,00 (einem) Stellplatz pro Wohneinheit geplant. Dadurch ändert sich der Stellplatzschlüssel für die Bestandswohnungen jedoch nicht. Die Behauptung, die Parkplatzsituation würde durch die Maßnahmen verbessert, ist nicht zu halten, da die neu geschaffenen Tiefgaragenstellplätze nicht den Bestandswohnungen zur Verfügung stehen.

Schätzung des Bedarfs an Stellplätzen in der Waldstadt
Laut dem Statistikatlas Karlsruhe waren 2018 in der Waldstadt registriert (https://web5.karlsruhe.de/Stadtentwicklung/statistik/atlas):
– Haushalte: 6795
– Kraftfahrzeuge insgesamt: 5670
– Personenkraftwagen: 5183
– Krafträder: 363
– Lastkraftwagen und sonstige Fahrzeuge: 124
Demzufolge werden in der Waldstadt ca. 0,8 Stellplätze pro Wohneinheit benötigt.
Die ca. 500 neuen Wohnungen bringen jeweils einen Tiefgaragenstellplatz mit sich. Durchschnittlich wird jeder fünfte Stellplatz (20%) nicht für die Wohneinheit benötigt und könnte auf dem freien Markt den Nachbarn zur Vermietung angeboten werden. In Summe ca. 100 Tiefgaragenstellplätze für die verbleibenden 640 Bestandswohnungen (840-200).
Für die Bestandswohnungen ergeben sich dadurch theoretisch bis zu ca. 0,58 Stpl./WE (270 öffentliche Stellplätze plus 100 vermietete Tiefgaragenstellplätze auf 640 Bestandswohnungen).

Unterstellte man, dass von den Neubauten nur 0,8 Stpl./WE benötigt würden und alle nicht benötigten Tiefgaragenstellplätze (20%) an Nachbarn ohne Stellplatz vermietet werden ergeben sich zwar theoretisch bis zu 0,58 Stpl./WE für die Bestandsbauten, aber wer kann sich für ca. 60 € pro Monat einen Tiefgaragenstellplatz leisten?

Die Königsberger Straße ist jetzt schon so dicht zugeparkt, dass sich jede Nachverdichtung ohne ausreichenden zusätzlichen Parkraum verbietet. Bei 300 zusätzlichen Wohnungen ist auch mit Tiefgaragen unter den Neubauten nicht mit einer Entlastung der Parksituation zu rechen. Tiefgaragen senken zudem den Grundwasserspiegel, was den vielen Flachwurzler Bäumen zusätzlich schadet.
Die Bürgerinitiative will keine unverhältnismäßige Nachverdichtung, weder in der Anzahl der neuen Wohnungen noch in der Erhöhung der Bauten über 5 Stockwerke. In der Königsberger Straße wäre zudem kein zusätzlicher Naturverbrauch angebracht.

* Beschlussvorlage zur Erarbeitung eines Bebauungsplans 2019-02-14_Beschlussvorlage_303_Waldstadt_KönigsbergerStr.pdf

* Rahmenplan Waldstadt Vertiefung Königsberger Straße RP_Waldstadt_mit_Vertiefung_Koenigsberger_Str_190214.pdf

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